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16. Ackerland auf Meeresboden

- Gesteine im Niedersächsischen Berg- und Hügelland

Hügel, Flachland, Böden, Gesteine... zehntausende oder auch Millionen Jahre liegen Vorgänge zurück, die die Natur und unser Leben beeinflussen. Die Böden bestimmen wichtige Eigenschaften der Flusslandschaft und wie fruchtbar die Äcker sind. Ihre Versickerungsfähigkeit beeinflusst die Neubildung von Grundwasser und den Rückhalt von Hochwasser, aber auch das Wachstum der Pflanzen. Gesteine sind das Ausgangsmaterial, aus dem nach Verwitterung, Erosion und der Mischung mit organischem Humus der Boden entstanden ist.

Festen Boden unter den Füßen haben, das ist nicht nur eine Redewendung. Es ist den meisten Menschen, die nicht begeisterte Seefahrer sind, ein wichtiges Anliegen. Aber so fest und unbeweglich ist unser Boden bei weitem nicht. Langsam aber unaufhaltsam, mit einigen Zentimetern pro Jahr bewegen sich die Kontinentalplatten der Erde aneinander entlang, voneinander weg oder aber aufeinander zu. Solche Driftbewegungen können auch dazu führen, dass sich die Kontinentalplatten absenken oder durch sogenannte Faltungen anheben, und dadurch die uns heute bekannten Gebirge wie zum Beispiel die Alpen hervorbringen.

Dinosaurier am Steinhuder Meer
Auch in Norddeutschland haben - natürlich in viel geringerem Ausmaße als in den Alpen - geologische Vorgänge stattgefunden. Im Mesozoikum war Norddeutschland vom Meerwasser bedeckt. In der Kreidezeit, dem letzten Abschnitt des Mesozoikums, also vor etwa 130 Millionen Jahren war das nördliche Niedersachsen von einem Binnensee bedeckt. Flüsse bildeten Deltas und mündeten in den See, sich ständig verändernde Flussarme und stehende Gewässer prägten die Landschaft. In dieser Hochzeit der Dinosaurier lebten diese auch im heutigen Niedersachsen. Die Dinosaurierspuren in Münchehagen, in der Nähe vom Steinhuder Meer, sind vermutlich in einem Flussdelta entstanden.

Zeitstrahl der verschiedenen Erdzeitalter
Quelle: Khuc-Trong, 2002

Genau betrachtet, muss man Niedersachsen in zwei verschiedene, geologische Regionen unterteilen: Einerseits in das niedersächsische Berg- und Hügelland, von dem aus die Leine nur knapp südöstlich entspringt und das bis etwa Hannover reicht. Und andererseits in das norddeutsche Tiefland, in dem die Leine zuletzt auch in die Aller mündet. Hannover liegt etwa auf dem Übergang.

Die Gesteine des niedersächsischen Berg- und Hügellandes bestehen überwiegend aus Sand, Kalk und Ton. Und genau diese Gesteine bestätigen die Vergangenheit Niedersachsens als Meeresboden, denn die Kalkschichten stammen zum großen Teil aus den Überresten von Muschel- und Krebsschalen von im Mesozoikum lebenden Tieren. Nach ihrem Tod sanken die Gehäuseschalen zum Meeresgrund ab und verfestigten sich im Laufe von mehreren tausend Jahren zu Kalkstein.
So sind beispielsweise frühe Verwandte der Tintenfische, die Ammoniten, wichtige Leitfossilien des Mesozoikums, anhand derer sich das Alter einer Gesteinsschicht bestimmen lässt. Man kann sich auch leicht selbst auf Fossiliensuche begeben und in der Vergangenheit graben. Gute Anlaufstellen sind alte Steinbrüche, an denen man mit ein wenig Glück nicht nur Ammoniten finden kann. Auch Donnerkeile, die keilförmigen Überreste von weiteren Vorfahren der Tintenfische, den Belemniten, kommen häufig vor und zeigen, dass die entsprechende Gesteinsschicht aus der Jura- oder Kreidezeit stammt.

Niedersachsen kippt in Schräglage
Normalerweise lagern sich Stoffe aller Art in durchgängigen Schichten am Boden oder Meeresgrund ab. Sie werden dann durch das Gewicht weiterer sich ablagernder Materialien zusammengedrückt und verdichtet, so dass sie nach und nach feste Gesteine bilden. Wenn diese Schichtung in seltenen Fällen erhalten bleibt, findet man an der Oberfläche ausschließlich Gesteine aus dem gleichen geologischen Zeitraum. Im niedersächsischen Berg- und Hügelland jedoch ist die Situation anders:
Denn bestimmt man das Alter der Gesteinsschichten entlang der Linie Göttingen-Hannover, so stellt man fest, dass die Ablagerungen immer jünger werden, je weiter man nach Norden vorstößt. Die Gesteine des ältesten Zeitabschnitts Trias bedecken den Großteil Mitteldeutschlands und ziehen sich in Niedersachsen über Göttingen bis etwa nach Bodenwerder hin. Von dort aus werden sie etwa bis Springe von Ablagerungen der Jurazeit abgelöst. In einem schmalen Übergangsbereich zwischen Berg- und Flachland kurz vor Hannover finden sich schließlich Zeugnisse des jüngsten Abschnittes, der Kreidezeit.
Der in der Kreidezeit entstandene Deister besteht auf der sich allmählich abflachenden Nordseite vorwiegend aus Ton mit Schiefer- und Steinkohleschichten, dazwischen lagert eisenhaltiger Sandstein. Die steile Südseite besteht aus Jurakalk. Für Mineralien- und Fossiliensucher sind die Sandsteinbrüche eine Fundgrube.

Wie genau kommt es nun zu solch einer Abfolge der verschiedenen Gesteine?
Aus heutiger Sicht lassen sich die Funde folgendermaßen erklären: Durch starke geologische Aktivität zerbrachen die durchgängigen Gesteinsschichten in viele Bruchstücke. Diese Bruchstücke wiederum wurden unterschiedlich gekippt, versenkt oder herausgehoben, so dass ein unregelmäßiges Mosaik aus Schollen und Gräben entstanden ist.
Für die Gesteinsverjüngung ist jedoch eine bestimmte, vermutlich noch bis heute anhaltende Bewegung von besonderer Bedeutung: Diese Bewegung kippte das gesamte niedersächsischen Bergland in Nord-Süd-Richtung, wobei der Norden absank und der Süden angehoben wurde. Dadurch kam es auch dazu, dass der Süden gegen Ende des Mesozoikums vor ca. 65 Millionen Jahren schon oberhalb des Meeresspiegels lag und bereits zum Kontinent gehörte. Der Norden hingegen wurde erst durch die übriggebliebenen Schutt- und Gesteinsmassen der verschiedenen Eiszeiten aufgefüllt und dadurch endgültig zu Festland.

Höher gelegene Flächen sind aber stärker der Verwitterung und Erosion durch Wind und Wasser ausgesetzt als geschützt liegende Täler und Senken. Daher konnten sich vor allem im höher gelegenen Süden Niedersachsens junge Gesteinsschichten aus der Jura- und Kreidezeit entweder gar nicht erst ablagern oder aber wurden im Laufe der Jahrhunderte schon wieder abgetragen und die darunter liegenden, älteren Schichten wieder freigelegt.

Die so entstandene Abfolge der Gesteine in Nord-Süd-Richtung lässt sich leider am Verlauf der Leine nicht eindeutig wiederfinden. Denn von ihrer Quelle im Norden Thüringens bis zum Ende des niedersächsischen Berg- und Hügellandes durchfließt sie ausschließlich Gebiete mit Gesteinen der Trias, innerhalb derer sich Muschelkalk, Buntsandstein und Keupergestein abwechseln.

Das Niedersächsische Landesamt für Bodenforschung hat eine Broschüre "Böden in Niedersachsen - Teil I Bodeneigenschaften, Bodennutzung und Bodenschutz" herausgegeben, die unter Folgender Internetadresse einzusehen ist und auch heruntergeladen werden kann:
http://www.nlfb.de/boden/downloads/nlfbook/html/nds_main.htm


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